Der chaotische Weihnachtsmann

Das Deal.ch-Team präsentiert dir eine lustige Geschichte von einem chaotischen Weihnachtsmann. Viel Spass beim Lesen.

Publiziert: 23. Dezember 2023 - Aktualisiert: 8. Oktober 2024

Lukas ist Weihnachtsmann mit Leib und Seele. Das ganze Jahr über freute er sich auf strahlende Kinderaugen, beleuchtete Tannenbäume und festlich geschmückte Häuser.

Doch ein Weihnachtsfest ist Lukas besonders in Erinnerung geblieben. Er war an einem Weihnachtsabend zu Besuch bei einer amerikanischen Familie, welche noch nicht lange in Zürich lebte. Dort schien alles grösser und bunter zu sein, als er es von seinem Zuhause kannte.

Das Haus hatte eine Eingangshalle mit einem Kronleuchter, der Tannenbaum war 2 Meter hoch, die Dekoration schrill und leuchtete. Der mächtige Weihnachtsbaum füllte gut ein Viertel der Eingangshalle aus. Die Tanne war derart reichhaltig geschmückt mit Kerzen, Kugeln, Sternen, Lametta, Äpfeln und Holzfiguren, dass sie unter ihrer Last zusammen zu brechen drohte. Lichterketten schmückten nicht nur die ausladende geschwungene Treppe ins obere Geschoss, sondern führten auch kreuz und quer unter der Decke der Halle und an den Wänden entlang. Sterne und Weihnachtsfiguren zierten jede freie Stelle.

Lukas spähte durch den Türspalt des Kaminzimmers im oberen Stockwerk, wo er auf seinen Auftritt als Weihnachtsmann wartete. Für die amerikanische Familie hatte er sich etwas Besonderes ausgedacht, denn er wusste, dass sie alles Aussergewöhnliche liebten.
Als die Bescherung losging, verbarg er sich in einer riesigen, weihnachtlich verpackten Box am oberen Treppenabsatz. Er wollte als Weihnachtsmann mit Pauken und Trompeten aus dem Karton herausspringen. Während er in seiner Box kauerte, stellte sich die Familie unten neben dem Christbaum auf. Vater, Mutter, die drei Kinder im Alter zwischen vier und zwölf, sowie die Grosseltern warteten aufgeregt auf das kommende Schauspiel. Eine Trompete erklang, ein Orchester und ein Chor stimmten in die Weihnachtsmusik ein. Alle Augen blickten überrascht nach oben. Lukas lachte leise in sich hinein. Der Trick mit der Musikbox hatte funktioniert.

Der Karton öffnete sich wie von Geisterhand und ein bärtiger Weihnachtsmann mit einem prall gefüllten Beutel tauchte daraus empor. Entzücktes Staunen. „Ah“ und „Oh“ erklang es von unten, als er sich zu seiner vollen Grösse aufrichtete. Lukas als Weihnachtsmann freute sich über die glänzenden Kinderaugen und konnte sich gar nicht daran sattsehen, als er aus der Kartonbox stieg. Blöderweise war er etwas zu nahe an der Treppe, sodass sein Fuss nicht den Boden, sondern die erste Stufe fand.

Mit dem zweiten Fuss blieb er in der Kartonbox hängen, als der Weihnachtsmann mitsamt dem gefüllten Beutel die Treppe herunter purzelte. Zum Glück war der Weihnachtsmann gut gepolstert. Er rollte wie eine nicht aufzuhaltende Lawine über die Stufen und blieb in der Biegung der Treppe für einen Moment stehen. Doch bevor er sich aufrappeln konnte, ging die Fahrt weiter in die Tiefe.

Am Ende der Stufen bremste die ausladende Tanne den Fall der arg mitgenommenen Gestalt und hüllte diese in ihre stacheligen, aber nach den Treppenstufen doch recht weichen Arme. Allerdings konnte der Tannenbaum den Weihnachtsmann nur leicht abfedern, bevor er sich unter dem ins Wanken gekommenen Gewicht seiner überladenen Äste zur Seite neigte.

Wegen seiner Grösse verfing sich die mit einem gläsernen Engel verzierte Spitze in der Lichterkette neben dem Kronleuchter in der Decke. Die Hälfte des Kronleuchters folgte der Tanne unaufhaltsam in die Tiefe und veranlasste die an den Wänden befestigten Kabel mitzuziehen. Leises Klirren ertönte. Hier und da erlosch eine der elektrischen Kerzen mit einem leisen „Pling“, während aus dem oberen Stockwerk unermüdlich die Bläser mit dem Weihnachtschor um weihnachtliche Stimmung bei den Zuschauern buhlten.

Lukas war noch ganz benommen von dem übereifrigen Abgang über die lange Treppe. Während er vorsichtig die Funktionstüchtigkeit seines Kopfes und anderen Körperteile prüfte, hörte er plötzlich ein fürchterliches Poltern von der Ecke her. Er blickte hoch. Mit einem Krachen sprang die Tür auf. Eine riesige Dogge stand wie angewurzelt und verdutzt im Rahmen. Der Hund beäugte den verwüsteten Raum. Lukas konnte den Denkvorgang im Kopf des Hundes regelrecht sehen: Hier meine Familie, dort Chaos in meinem Reich und ein fremder Weihnachtsmann!

Die Dogge und der Weihnachtsmann setzten im selben Moment zum Sprung an. Lukas sprintete, den Beutel mit den Geschenken noch krampfhaft in der Hand haltend zur Terrassentür, riss sie auf und stürmte in den Garten hinaus. Der riesengrosse Hund folgte mit wütendem Bellen. Die Verfolgungsjagd hat begonnen. Jeder Schritt wurde von den Pauken und Trompeten des Orchesters musikalisch begleitet. Wie in einem Hollywood-Film. Lukas sah sich nach einer Fluchtmöglichkeit um. Dummerweise war der Garten mit einem meterhohen Bretterzaun umgeben. Doch mit der kommenden Gefahr im Nacken schaffte er einen kühnen Sprung. Seine Hände klammerten sich an das oberste Brett des Zaunes und er stemmte die Füsse gegen die Bretter. Fast war er in Sicherheit.

Plötzlich spürte er, wie etwas am Beutel in seiner Hand zog. Das Etwas war die Dogge. Er liess den Beutel mit den Geschenken los. Von seiner Last befreit, zog er sich ganz nach oben, setzte sich schwer atmend auf das oberst Brett und blickte nach unten. Kein Hund war zu sehen. Lukas schüttelte den Kopf. Doch dann sah er, wie die grosse, schwarzbraune Dogge mit dem Geschenke-Beutel in der Schnauze durch die offen stehende Terrassentür ins Haus verschwand.

Lukas überlegte. Soll er noch einmal hineingehen? Nein, lieber nicht. Die Geschenke würde die amerikanische Familie trotz des ganzen Chaos erhalten. Jetzt einfach von einem vierbeinigen Weihnachtsmann.

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